Modellrepräsentationen |
Modellbildung - eine didaktische Herausforderung. Joachim Wedekind
6. Modellrepräsentationen
Wir halten deshalb die letztgenannte Form, bei der die strukturelle Repräsentation von Systemen zur Modellimplementation herangezogen wird, besonders geeignet für eine Einführung der Modellbildung auf schulischem Niveau. Gestützt wird dies aus kognitionspsychologischer Sicht. Akzeptieren wir Bruners Unterscheidung enaktiver (Handlungs-), ikonischer (Vorstellungs-) und symbolischer Repräsentation und setzen dies in Beziehung zu Piagets Abfolge der handelnden Auseinandersetzung mit der Umwelt, dem anschaulichen Denken mittels konkreter Denkoperationen und schließlich den formalen Denkoperationen, so wird deutlich, daß gerade die Letztgenannten Voraussetzung sind zur Behandlung von mathematischen Modellen dynamischer Systeme. Um die Überführung der mentalen Modelle in konzeptionelle Modelle zu erreichen, wird im Unterricht vielfach bewußt auf der ikonischen Ebene gearbeitet, also mit Abbildungen und Diagrammen des jeweiligen Sachverhalts. Hierzu zählen beispielsweise Kausaldiagramme, Regelkreisdarstellungen u.ä.. Je nach Fachgebiet haben sich hier durchaus unterschiedliche Repräsentationsformen eingebürgert, die jedoch (in ihrer Papier-und-Bleistift-Form) als etabliert gelten können, den Lernenden also bereits vertraut sind und damit als Werkzeug zur Verfügung stehen. Solche Repräsentationen können grob in drei Klassen unterteilt werden (Wedekind, 1981):
Die Repräsentationen unterscheiden sich zum Teil erheblich in ihrem Allgemeinheitsgrad bzw. ihrer Nähe zu fachspezifischen Darstellungen. Die universelle Verwendbarkeit allgemeiner Systeme kann gegebenenfalls durch eine größere Unübersichtlichkeit gegenüber fachspezifischen Systemen die Vorteile struktureller Repräsentationen partiell wieder aufheben (vgl. Abb. 8). Zumindest ergibt sich daraus die Forderung, geeignete Strukturierungsmittel (wie verschachtelte Teilmodelle) in allgemeine Systeme zu integrieren.
Abb. 8: Repräsentation eines pharmakokinetischen Grundmodells im fachspezifischen System KOMPART bzw. im allgemeinen System STELLA. Immerhin zeigen erste Untersuchungsergebnisse (Niedderer, Bethge & Schecker, 1989; Hassell, 1988), daß bei Verwendung allgemeiner Repräsentationsformen (wie im Programm STELLA) keine großen zusätzlichen Barrieren aufgebaut werden. Neben der Repräsentationsproblematik ist bei Simulationsumgebungen zu beachten, daß sie aufgrund der vielfältigen Funktionen zur Programmsteuerung und den Modellaufbau immer auch eine komplexe Interaktionsstruktur besitzen. Unter dem Begriff Interaktionsstruktur subsummieren wir mögliche Formen der Ein- und Ausgabe sowie ihre Wechselbeziehung. Bei der Eingabe unterscheiden wir einerseits die Eingabetechniken ("womit", also Benutzung von Tastatur oder Bedienung von Zeigeinstrumenten wie der Maus), andererseits die Interaktionsformen ("wie", also Menüauswahl, Kommandosprache, Verwendung von Funktionen u.ä.), d.h. auf welche Weise Eingabetechniken eingesetzt werden, um Daten und Befehle bei der Verfolgung einzelner Interaktionsziele einzugeben. Als Ausgaben kommen neben der Präsentation modellrelevanter Daten (Darstellungstechniken) auch Hilfestellungen bei der Eingabe, sowie Antworten des Programms (Rückmeldungen) in Frage (vgl. Latzina & Wedekind, 1986). Die Interaktionsstruktur kann das Erreichen der Interaktionsziele beeinflussen. Dazu zählen Zielsetzungen zur Programmablaufsteuerung, also Starten und Beenden des Programms bzw. von Programmteilen, Aufruf einzelner Funktionsbereiche, Edieren von Eingaben usw.. Beim Aufbau eigener Modellstrukturen sind besonders vielfältige Programmangebote notwendig. Nicht zuletzt muß eine ausreichende Dokumentation unterstützt werden, also das Ansteuern des Druckers aus dem Programm heraus und die Auswahl der auszudruckenden Inhalte, ebenso wie das Anlegen und Verwalten einer Datenbank mit Modellgleichungen und Ergebnisdaten. Bei der Realisierung einer solchen Simulationsumgebung, dem Programm MODUS , haben wir deshalb neben der Möglichkeit, unterschiedliche Repräsentationsformen zu verwenden, großen Wert auf eine einfache, sachlogisch orientierte, explorative Lernumgebung gelegt.
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